Weltweit sollen noch 40 dieser wohl schönsten je gebauten Einheitsklasse – Yachten, der Königsklasse, existieren. Einer dieser immer noch recht aktiven Veteranen ist die Anita, ursprünglich als Slup getakelt, dann als Yawl und jetzt endlich wieder als Slup. Diese 12mR Klasse erlebte in der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts eine besondere Förderung, zum einen war sie bereits im Gespräch als Einheitsklasse für den America´s Cups zum anderen sollte sie als Olympische Klasse bei den Spielen nach 1898, 1912 und 1920 in Helsinki wieder an den Start gehen. Der Begriff 12mR Yachten leitet sich aus der Vermessungsformel ab:
Den Auftrag zum Bau der Anita vergab 1937 der Mecklenburger Margarinefabrikant und Eigner der deutschen Walfangflotte Walter Rau an die wohl renommierteste deutsche Yachtwerft, an Abeking & Rasmussen in Lemwerder bei Bremen. Konstrukteur war Harry Rasmussen. Zehn 12mR – Rennyachten konstruierte und baute er auf seiner Werft an der Weser, zuletzt die Inga für den Reeder John T. Essberger und die Sphinx für den NRV. Nach einem enttäuschenden Abschneiden bei der Kieler Woche 1938 gegen überlegene britische Yachten teilten sich 1939 nun drei A & R – Yachten die ersten Plätze. Der 2. Weltkrieg beendete diese Entwicklung. Die drei Yachten überstanden den Krieg, die Anita im „Winterlager“ in Lemwerder. 1951 scheint das Schiff wieder aus seinem Dornröschen – Schlaf erweckt worden zu sein, denn in diesem Jahr wurde sie wahrscheinlich zur einzigen 12er – Yawl umgetakelt. Eigentlich sollte die Anita bereits zeitig im Frühjahr 1962 segeln, doch die große Sturmflut als auch der Großbrand auf der Burmester – Werft, der viele historische Yachten vernichtete – dort wo sie eigentlich nur ein Refit erhalten sollte, verhinderte den Start zu Beginn der Saison. Problemlos verlegte die neue Eignergemeinschaft ihr Schiff rund Skagen nach Kiel, ihrem neuen Heimathafen. Die nächsten Jahre vergingen mit eher gemächlichen Familientörns, die aber beachtliche 14 000sm auf die Logge brachten.
Der nächste Abschnitt in der Geschichte der Anita begann 1965 als es der bereits 1961 gegründeten „Segelkameradschaft Ostsee“ gelang, dank großzügiger Spenden die Yawl zu übernehmen – nachdem sich die neuen Eigner bereits vorher von der Qualität des Schiffes auf Chartertörns überzeugt hatten. Nun begann der bisher aufregendste Abschnitt in der Geschichte des Schiffes: 1967 fuhr zum ersten mal mit Margret Schollmayer eine Frau als Skipper, 1970 ging es zum ersten mal nach Island, später kamen Törns rund England, nach Nordafrika, Grönland, der Bäreninsel und den Azoren hinzu. Höhepunkt dieser Jahre war zweifellos die Teilnahme an der bisher größten maritimen Veranstaltung der Welt, der „Operation Sail“ in New York 1992. Bis 1996 folgten weitere lange Törns – dann ließ sich eine umfangreiche Restaurierung nicht mehr vermeiden. Nachdem großzügige Liebhaber klassischer Yachten an die 500 000 DM aufgebracht hatten, konnten die überlebenswichtigen Arbeiten durch die Glückstädter Yachtwerft durchgeführt werden – dann stand weiteren weiten Reisen nicht mehr im Wege. Das Jahr 1997 wäre fast das letzte gewesen wäre, in einer Monstersee kenterte die Anita vor Helgoland, konnte aber dank der raschen Hilfe der DGzRS einen sicheren Hafen erreichen. Die Langstreckentörns gingen weiter. Am Ende standen mehr als 300 000 sm im Logbuch und hingen 110 Plaketten an der Trophäenwand, verliehen von TransOcean und weiteren namhaften Organisationen für gut geplante und sicher durchgeführte Hochseetörns. Doch diese Jahre hatten ihren Tribut gefordert, auch die wieder intensiver gesegelten 12er – Regatten hatten bestimmt dazu beigetragen, dass die 2008 anstehenden Überholungsarbeiten so umfangreich wie nie ausfallen mussten. Dies sprengte den Finanzrahmen den die Segelgemeinschaft Ostsee zur Verfügung hatte. Interne Probleme führten schließlich dazu, dass die Anita an den Segelclub Rheingau fiel, der die Gründung des neuen Fördervereins ermöglichte sowie die Gründung einer gemeinnützigen GmbH als Betreiber. So kamen mehr als 200 000€ zusammen.
Dies reichte aus, um auf der Bootswerft in Gilleje (Dänemark) die Anita für die nächsten Jahrzehnte fit zu machen. Die Werft hatte sich bereits bei der Restaurierung des 12ers Thea bewährt. Viele Tonnen Material, das sich in den letzten 50 Jahren in allen Backskisten und verborgenen Winkeln angesammelt hatten, häuften freiwillige Helfer am Rande der Werfthalle auf, bevor dort drei geschwächte Bodenwrangen ausgetauscht werden, ca. 450m Planken aus Sipo Mahagoni anstelle des nicht mehr verfügbaren Tabasco – Mahagoni eingepasst, sowie der erste (!) Motor eingebaut werden konnte.
Nachdem auch die Inneneinrichtung samt aller Installationen wieder an Bord war, stand neuen Törns und Regatten nichts mehr im Wege – nun allerdings mit wesentlich mehr Jugendlichen auch bei der traditionellen Max Oertz – Regatta alles ganz im Sinne des an Bord geleisteten Sailtrainings und der S.T.A.G. der die Anita bis heute angehört.
©H.H.Böhm / S.T.A.G. 2016
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Foto-Copyright: Sven Jürgensen, Mittelmann’s Werft