Antrag zum Kulturerbe gestellt

S.T.A.G. stellt Antrag zum immateriellen Kulturerbe

Die Deutsche Marine, GSHW (Gemeinsame Kommission für historische Wasserfahrzeuge), GSTU (German Sail Training Union), Tall Ship Friends Deutschland sowie die EMH (European Maritime Heritage) und das „Deutsche Schiffahrtsmuseum – Leibniz Institut für maritime Geschichte“ unterstützen diesen Antrag vehement. Hier in Deutschland ist es vor allem dem langjährigen Ratsvorsitzenden der S.T.A.G., Jörg Schinzer, zu verdanken, dass dieser Antrag an die Deutsche UNESCO – Kommission zur 5. Bewerbungsrunde 2021 / 22 gestellt und in Bremen eingereicht werden konnte. 

Nach dem Ende der kommerziellen Segelschifffahrt im 20. Jahrhundert droht nun mit dem „Aussterben“ der ehemaligen Besatzungsmitglieder auch das in Jahrtausenden erworbene handwerkliche Können und Wissen für immer verloren zu gehen. Ausbildung unter Segeln findet heute nur noch auf militärischen Segelschulschiffen statt. Nur Russland und Dänemark unterhalten noch Segelschulschiffe, um den Nachwuchs der Handelsschifffahrt bzw. Fischerei während relativ kurzer Törns an das Leben auf See zu gewöhnen.

Es ist nicht nur der drohende Verlust an manuellen Fähigkeiten. Auch die Erfahrungen durch die psychischen Belastungen der Arbeit an Bord ohne Chance nach Feierabend nach Hause gehen zu können sowie durch die zwingend notwendige Arbeit im Team – Tag und Nacht – und die sich daraus ergebenden sozialen Verhaltensweisen würden in den wenigen verbleibenden Jahren mit Sicherheit verloren gehen. Wer hat denn noch Ahnung, wie sich ein kleines Boot bei schwerer See verhält, kann die Auswirkung von Strömung und Wind auch auf einem großen Frachter zuverlässig abschätzen oder kann zwei kurze Taue zuverlässig verbinden (spleißen), den richtigen Seemannsknoten anwenden, oder gar Segel sturmsicher befestigen. Nur wenn dieses Wissen und die Erfahrungen weitergegeben werden, ist maritime Geschichte verständlich und nachvollziehbar. Dies zu gewährleisten hat sich die S.T.A.G. und die sie unterstützenden Organisationen zur Aufgabe gemacht. 

Besatzungsmitglieder arbeiten am 21.08.2013 in der Bredo-Werft in Bremerhaven am Segelschiff „Alexander von Humboldt“ Nach zwei Jahren Dienstzeit ist das Schiff für eine größere Werftzeit zur Inspektion im Dock. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Unter dem Begriff „Sail Training“ wurden Ausbildungsprogramme entwickelt um an Land die manuellen Kenntnisse vor allem an Jugendliche, aber auch an interessierte Erwachsene weiterzugeben. Später sollen diese Fähigkeiten unter den erschwerten Bedingungen an Bord angewandt werden, so dass am Ende eine Mannschaft entsteht, die in der Lage ist unter Segeln Ozeane zu überqueren und selbst im Sturm ein Schiff sicher zu führen sowie es zuverlässig in Stand zu halten. Dazu gehören auch Kenntnisse wie man ohne GPS und anderen elektronischen Hilfsmitteln die Position seines Schiffes und den Kurs bestimmen kann. Ein Aspekt, der in den Zeiten von Cyberwar zunehmend wichtiger wird. Und nicht zuletzt gilt es die traditionellen Arbeitslieder, die Shanties, in ihrer ursprünglichen Form und Zweck mit Leben zu erfüllen, jenseits der allzu beliebten sog. Seemannschöre. Dies gilt alles auch für das Segeln mit körperlich und geistig eingeschränkten Personen, an Bord von speziellen, traditionellen Segelschiffen wie der britischen „Tenacious“ (Bark) oder der „Wappen von Ueckermünde“.

Wie viele internationale Untersuchungen zeigen, ist dieses „Sail Training“ zum einen Geschichte bewahrend, aber auch das soziale Verhalten positiv beeinflussend und persönlichkeitsbildend.

Gleichzeitig hilft es privaten Eignern, gemeinnützigen Vereinigungen sowie Museen traditionelle Segelschiffe zu retten und sie für weitere Generationen in Fahrt zuhalten – denn je authentischer die Umgebung ist umso effektiver und begeisternder ist auch das Sailtraining.

Bereits 2003 hatte die Bundesrepublik die „Barcelona Charter“ unterzeichnet und sich verpflichtet maritimes Kulturgut zu erhalten und 2008 die „Rostock Declaration“ mit dem gleichen Ziel. So sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass dem so gut begründeten und intensiv unterstützten Antrag die „Traditionelle Seemannschaft“ nun in das „Bundesweite Register des immateriellen Kulturerbes“ aufzunehmen, stattgegeben wird. 

Da der Gedanke des „Sail Trainings“ weltweit gepflegt wird, in 28 Nationen gibt es mittlerweile ähnliche Organisationen wie die deutsche Sail Training Association, sollte der nächste Schritt sein, mit Hilfe der internationalen Dachorganisation „Sail Training International“ (STI) die „Traditionelle Seemannschaft“ auch als immaterielles Weltkulturerbe von der UNESCO anerkennen zu lassen. Diese Kultur, die seit 1956 nicht nur während der internationalen Windjammer – Regatten bereits intensiv gepflegt wird sollte so auch internationale Anerkennung finden.